Freitag, 7. Dezember 2012

Tizi N'Test 2120m

Der Wind pfiff letzte Nacht erbärmlich, aber dank meines Schlafsacks hatte ich es schön warm. Hamsa kam noch zweimal runter, einmal fertigte er einen LKW-Fahrer ab, ein anderes Mal ließ er offenbar noch 2 Gestalten im oberen Zimmer schlafen. Bis auf einen Schatten habe ich von denen nichts gesehen, aber so ein wenig suspekt war mir die Sache schon. Statt um 7:30 Uhr wie abgemacht erschien Hamsa nach 8 Uhr, aber nach 2 Kaffee saß ich um 8:30 Uhr schon auf dem Rad, um die letzten Kilometer zum Pass in Angriff zu nehmen.
Am 5.Dezember wäre meine Mutter 99 Jahre geworden, und die ersten Geburtstage mit der 9 vornedran dachten wir auch alle, sie wird auf jeden Fall die 100 nehmen. Irgendwann ging es dann aber doch recht schnell, und ich bin immer noch traurig, dass sie nicht mehr da ist. Früher waren wir oft zusammen in den Bergen zum Bergwandern, und ein solcher Tag wie heute - strahlend blauer Himmel und die Gipfel des Hohen Atlas in Weiß -, das hätte meiner Mutter gut gefallen.
Wie es sich für einen Geburtstag gehört, waren heute auch die Gäste zahlreicher als die letzten Tage. Das fing schon damit an, dass sich nach 8 km im Hotel unmittelbar vor der Passhöhe ein deutsches Radler-Pärchen zur Abfahrt in die entgegengesetzte Richtung vorbereitete. Sie hatten die Nacht hier geschlafen, schade, dass ich die 8 Kilometer nicht noch gestern Abend hochgefahren war. Auch sie waren erstaunt über die Kälte in Marokko, wollten trotzdem aber noch nach Agadir zum Baden.
Angeblich sollte 1 Kilometer hinter dem Hotel der Gipfel des Tizi N'Test sein, es ging dann auch wirklich runter, nur kam dann ein weiterer Anstieg auf 2120m laut meinem GPS, also höher als der eigentliche Tizi N'Test. Es ist irgendwie ermüdend, wenn man denkt, man hat es geschafft, und dann geht es noch einmal von vorne los. An den Nordhängen lag überall noch ein Hauch Schnee, aber das besonders Gemeine war, dass bis auf 1300m Höhe runter auf den nicht sonnenbeschienenen Strassenanteilen immer wieder kleine Eisplatten vorkamen. In den Kurven fuhr ich deshalb besonders vorsichtig. Das Panorama allerdings war einzigartig, die hohen Berge wie der Djebel Toubkal mit 4167m alle in weiß, und dazu der blaue Himmel. Nur wenig Verkehr auf dieser Strasse, sehr angenehm.
Als ich irgendwo einen Kaffee zu mir nahm, hielt bald eine XT600. Es war ein Engländer auf dem Weg nach Mauretanien, mit Minimalausrüstung: Ersatzreifen, Wasserkanister als Rucksack, Tankrucksack. Er erzählte mir von einem Unfall kurz vorher, bei dem ein Taxi einen Mopedfahrer umgefahren hat, der das nicht überlebt hat. Als Biker hat man den Vorteil, dass man mit der Geschwindigkeit der andern Verkehrsteilnehmer mithalten kann, als Moped- oder gar Fahrrad-Fahrer ist das anders und wesentlich gefährlicher. Mit seiner dicken Kluft war er mit dem Wetter zufrieden, vielleicht wird er aber auch schnattern, wenn er sich in ein paar Wochen auf den Rückweg nach England macht. Als ich ihn auf den Kontakt mit den Marokkanern ansprach, war er mit mir derselben Meinung, dass es fast unmöglich sei, mit einem Einheimischen mehr als nur oberflächlichen oder geschäftsmäßigen Kontakt zu knüpfen.
Der Engländer hatte mir schon von einem Pärchen auf Fahrrädern erzählt, das mit einem Trailer unterwegs ist. Die traf ich dann auch einige Zeit später, sie wollten morgen auf den Tizi N'Test. Zunächst wollten sie sich aber erst mal im nächsten Ort Ijoukak mit Kleidung eindecken, denn auch sie hatten die Kälte in Marokko unterschätzt. Zwischendurch hatte ich mir noch die Moschee Tin Mal aus dem 12.Jahrhundert angeschaut, die von Deutschen vor einigen Jahren renoviert wurde und die Ursprungsort der Almohaden ist.
Weiter ging es das Tal des Qued N'Fiss hinunter, der weiter unten zu einem Trinkwasserreservoir für Marrakesch aufgestaut worden ist. Da die Schatten immer länger wurden und es dort auch schon entsprechend kalt war, sah ich mich nach einer Auberge um. Ohne es zu wollen, landete ich dann bei Chez Momo II in Ouirgane, das im Därr-Reiseführer als Luxus beschrieben ist. Nach kurzen Verhandlungen einigten wir uns auf 400 Dirham incl. HP, was zwar fast doppelt soviel ist wie normal, aber der Luxus macht das Leben schon sehr angenehm. 2 Ölradiatoren im Zimmer, Gasheizung neben dem Tisch beim Abendessen, umfangreiche Auswahl beim Dinner, und nicht zuletzt mal wieder nach mehr als 2 Wochen ein Bier. Wenn man jetzt den Pool und die Gartenliegen noch benutzen könnte!
Morgen sind es noch etwa 65 Kilometer nach Marrakesch, und das sollte ich ohne Probleme schaffen. Dann muss ich erst mal das Internet heiß laufen lassen, auf dem Land gibt es hier so etwas nicht. Ulli rief heute schon ganz entgeistert an, was mit mir los sei. Ganz einfach, das letzte Internet war in Zagora, und die Handy-Gebühren betragen pro Minute 2,55 Euro, das macht man dann wirklich nur im Notfall. Beim nächsten Mal Marokko würde ich mir wohl zuallererst eine Mobilfunkkarte kaufen. Denn das kann hier nicht teuer sein, jeder hat hier eins.
Übernachten im Cafe auf der Couch

auch mein Rad steht sicher

Auffahrt zum Tizi N'Test

da passt nicht jeder drunter durch

viele Vögel in diesen Felsen

da ging es rauf

andere frieren auch

Djebel Toubkal 4167m

die Abfahrt
 
Bergdörfer

Ziegen ist nichts zu steil

Idylle in der Kälte

Tin Mal um 1120 errichtet

Tin Mal Moschee

mein Luxuszimmer im Chez Momo
 

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