Freitag, 7. Dezember 2012

Endspurt


Habe gut geschlafen im Zimmer des Camping Toubkal, wenn es morgens auch wieder sehr kalt wurde. Das Frühstück war nicht der Hammer, aber dafür war ich um 8:45 Uhr schon unterwegs, mit 2 Jacken und der Goretex-Jacke oben drüber. Zunächst ging es etwa 35 km immer abwärts, die felsige Landschaft der letzten Tage ging in eine relativ grüne Landschaft mit vielen Arganienbäumen über. Immer wieder Hirten mit ihren Schafs- und Ziegen-Herden. Als ich an einer anhalte, kommt eine schön hergerichtete Frau mit einem Schaf im Arm auf mich zu und will Geld. Einen Moment habe ich mir überlegt, sie zu photographieren und ihr Geld zu geben, aber dann haben meine Prinzipien doch die Oberhand gewonnen und ich bin weitergefahren, unter entsprechenden Beschimpfungen der Frau und eines Mannes, der die Herde von der Strasse fernhielt.
Einen Kaffee später will ich ein paar Ziegen im Baum knipsen. Der Hirte kommt ganz freundlich, wir unterhalten uns, er redet etwas von Essen. Ich ziehe die gerade gekaufte Tüte mit Biskuits hervor und will ihm eines geben. Das will er aber nicht, er will die ganze Tüte. Ich sage nein, ziehe ein Biskuit heraus und reiche es ihm. Er nimmt es nicht, will immer noch die Tüte mit 3 oder 4 Biskuits. Jetzt ärgere ich mich und fahre davon, dann bekommt er eben gar nichts.
Ich weiß nicht, wer den Hirten beigebracht hat, die Touristen wären die Sozialstation von Marokko. Denn gegenüber andern Marokkanern benehmen sie sich nicht so. Mir ist schon klar, dass die Lebensbedingungen der Hirten sehr hart sind, aber das zu ändern ist nicht Sache der Besucher aus andern Ländern.
Überhaupt habe ich heute mein Verhältnis zu den Marokkanern etwas überdacht. So richtig warm geworden bin ich eigentlich mit  niemandem. Jeder winkt, fast jeder grüßt, aber es ist immer eine sehr oberflächliche Kontaktaufnahme ohne den Wunsch nach Tiefgang. Vielleicht müsste man dazu auch arabisch können und sich etwas mehr mit der Kultur auseinandersetzen, aber es gibt andere Länder, in denen der Kontakt trotz Sprach- und Kultur-Unterschiede leichter fällt als hier in Marokko. Was ich auch völlig falsch eingeschätzt hatte, war die ständige Kälte, und vielleicht wirkt sich das auch auf den Kontakt aus. Abends ist es nie möglich gewesen, draußen zu essen, weil die Temperatur schlagartig in den Keller ging, sobald die Sonne weg war. Ich hatte mehr den Herbst der Mittelmeerländer erwartet und dabei ganz vergessen, dass die meisten Teile Marokkos, die ich bereist habe, über 1000m Höhe liegen und die Nächte in sternenklaren Nächten überall recht kalt sind, weil keine schützende Wolkendecke die Wärme am Boden hält.
Nach meinen Hirtenerlebnissen ging es weiter über Aoulouz und dann zur Kreuzung nach etwa 70 km, an der es links noch 130 km nach Agadir waren, während rechts eine kleine Strasse über den Tizi N'Test nach Marrakesch führte. Noch 36 km zum Pass, aber etwa 1500 Höhenmeter, soviel traute ich mir heute gar nicht mehr zu. Aber weder in Aoulouz noch an der Kreuzung gab es eine Auberge, und alle Dörfer am Rande der Strasse lagen sehr viel tiefer, da hätte ich gleich wieder mehrere hundert Höhenmeter verloren. So dachte ich anfangs noch ans Zelten, aber nachdem ich gut voran kam, entschloss ich mich, doch bis zum Pass durchzufahren, da dort oben ein Hotel sein sollte. Zwischendurch überholten mich einige Biker aus Slowenien mit dicken BMWs, ein Marokkaner bot sich an, mich ein Stück mit dem Moped nach oben zu ziehen. Das verbot allerdings mein Stolz, und zu dieser Zeit war auch das Zelten noch im Hinterkopf. Tief unter mir lagen einige Dörfer schon im Schatten, während die Sonne die Berge noch hell erstrahlen ließ. Etwa 10 km vor dem Gipfel ging die Sonne unter, und ich machte mich schon auf eine Stunde Fahren und Schieben in der Dunkelheit bereit, als ein Cafe am Strassenrand erschien. Ich fragte nach einem Platz zum Schlafen, und ja, eine Person könnte auf der Couch schlafen. Hamsa würde auch noch etwas zu Essen machen, wenn ich lieber im Hotel schlafen wollte, könnte er mich aber auch noch mit dem Pickup die 8 km nach oben fahren. Ihr glaubt doch etwa nicht, dass ich den Tizi N'Test noch aus der Hand gebe und mich hochfahren lasse? Also beschloß ich zu bleiben, und kaum war es ganz dunkel, pfiff der Wind und es wurde wieder saukalt. Irgendwie werde ich es überleben. Vorhin hat Hamsa zwar den Kamin schon sauber gemacht, aber anmachen will er ihn wegen einer Person wohl nicht. Das Essen war aber gut, und mein Schlafsack wird mich schon wärmen. Einmalig übrigens das Abendrot vorhin, ich habe es aber trotzt 3 Jacken nicht mehr länger als 5 Minuten draußen ausgehalten.
Morgen fahre ich die letzten 8 km zum Pass hoch, hoffentlich bei bestem Wetter und toller Aussicht. Der 5.Dezember war früher immer der Tag, an dem ich meine Mutter besuchte und zum Ammersee fuhr. Sie wäre morgen 99 Jahre alt geworden. Ich werde da oben ihrer gedenken und dann die lange Abfahrt nach Marrakesch beginnen. Irgendwo in der Mitte möchte ich dann ein letztes Mal eine Auberge suchen, bevor es die letzten 2 Nächte in Marrakesch in ein schon über HRS vorgebuchtes Hotel geht.
gegenseitig immer im Blick 

Hirten-Nomaden beim Umzug

Arganienbäume und grüne Landschaft

Cafe in Aoulouz

so einen Transport wünschte ich mir auch manchmal

letzter Kehrt

Ziegenherde

auf dem Weg zum Tizi N'Test

um 17 Uhr wird es ganz schnell dunkel

Abendstimmung

letzte Sonnenstrahlen

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