Freitag, 7. Dezember 2012

der letzte Tag auf dem Rad

Mit 2 Heizungen im Zimmer läßt es sich schon gleich viel besser aufstehen. Um 8 Uhr bin ich runter zum Frühstück, allein es war noch niemand da. Also habe ich ein paar Bilder dieser im Sommer bestimmt wunderschönen Anlage Chez Momo II gemacht, bis mich die Kälte wieder ins Zimmer vertrieben hat. Gegen 8:30 Uhr war es dann soweit, ein vornehmes Haus eben, da muss man nicht so früh aufstehen. Wegen der Biere vom gestrigen Abend wollte mich der Kellner beim Bezahlen dann noch abzocken, aber ich hatte zum Glück gestern schon gefragt, was eines kostet.
Gleich am Anfang ging es erst mal 10 km und 300 Höhenmeter nach oben, aber in den 3 Wochen habe ich wohl doch schon ein paar Muskeln zugelegt, es fiel mir gar nicht so schwer. Zwei reisende Radfahrer kamen mir entgegen, konnten oder wollten aber wegen des Gefälles nicht anhalten. Anschließend ging es immer nur abwärts am Qued entlang.
An einem Cafe am Flussufer wollte sich ein junger Mann mit mir unterhalten, und als ob ich aus 3 Wochen Marokko nichts gelernt hätte, ging ich darauf ein. Er erzählte mir, dass er in der Mine arbeiten würde, seine Familie aber am Djebel Toubkal zu Hause wäre und sein Vater schon gestorben wäre. Ich war schon drauf und dran, ihm das alles zu glauben, da macht er plötzlich seinen umgehängten Beutel auf und zieht daraus einige Steine, Schmuck aus Silber, Armreifen, eigentlich alles ganz schön, aber ich wollte gar nichts kaufen. Und was ist das Ende vom Lied? Ich habe doch ein paar Sachen mitgenommen, und dem alten Mann nebenan auch gleich noch seinen 50 Millionen Jahren alten Trilobit abgekauft, obwohl der mir bestimmt beim Transport noch kaputt geht. Ich bin eben einfach kein guter Händler, ich kaufe, wenn ich gar nichts will, und dann wahrscheinlich auch noch zu überhöhten Preisen. Jedenfalls hatte ich das gute Gefühl, dass zumindest der alte Mann das Geld gut gebrauchen konnte.
Kurze Zeit später beladen ein paar Frauen 2 Esel mit Holz, und während sie noch mit dem zweiten beschäftigt sind, trottet der erste schon mal alleine über eine Brücke los. Das sah gerade gut aus, also habe ich den Photo gezückt und diesen Esel abgelichtet. Dann kam der zweite Esel mit den beiden Frauen, und ich ließ die Kamera unten. Die eine meckerte schon, aber ich bedeutete ihr, dass ich nicht die Absicht hätte zu photographieren. Was die andere nicht davon abhielt, mich zu beschimpfen und mit dem Stock zu drohen. Am liebsten wäre ich mal rüber und hätte ihr den Stock in kleine Stücke zerbrochen. Beim Weiterfahren dachte ich mir noch, was wäre, wenn dieses Weibstück am Ende noch die Frau von dem alten Mann zuvor wäre? Einerseits wollen sie Touristen als Einnahmequelle haben, andererseits werden die nur dann liebenswürdig behandelt, wenn man ihnen gerade etwas verkaufen kann.
Nächstes Beispiel: ich sitze heute an einer Stelle, an der offenbar auch hin und wieder der Schulbus hält. Während ich gerade das herrliche Panorama des hinter mir weiß erscheinenden Hohen Atlas ablichte, kommt ein etwa 13-Jähriger in guten Klamotten und mit einem Rucksack für die Schulsachen zu mir, sagt "bonjour", und dann will er 10 Dirham. Das war ein Junge aus offenbar gut situiertem Zuhause! Was veranlasst den, einen Gast im eigenen Land auf solche Weise anzumachen? Ich kenne viele Länder, in denen ist der Gast heilig, man würde alles für ihn tun, und das sind bevorzugt islamische Staaten wie etwa Syrien. Marokko tut sich hier bestimmt keinen Gefallen, wenn es nicht energisch gegensteuert.
Auf breiter Strasse geht es dann die letzten Kilometer nach Marrakesch, und nochmals kommen mir 2 Radfahrer entgegen. Sie sind beide seit September aus der Schweiz hierhergefahren und wollen noch über den Tizi N'Test weiter in den Süden, bevor sie dann pünktlich zu Weihnachten mit der Bahn zurückfahren, um ihre Geschenke entgegen zu nehmen. Die Beiden waren echt nett und trotz der Kälte gut drauf.
In Marrakesch angekommen fing dann die Suche nach dem Riad Carina, meiner über HRS gebuchten Unterkunft an. Laut dem Plan bei HRS hatte ich mir zwar einen ungefähren Waypoint aufgezeichnet, aber wer sucht ein Hotel schon in einer 1,5m breiten Gasse abseits der Strassen? Schließlich wußte ein junger Bursche doch, wo das war, weil er schräg gegenüber wohnte. Es waren nur 150m , die er mich führte. Ok, hier hast du 5 Dirham, vielen Dank. Weigert er sich anzunehmen. 5 Dirham, also etwa 50 Cent oder eine Flasche Cola, ist ihm viel zu wenig, er will wenigstens einen Schein. So langsam fange ich mich an zu ärgern. Dann sagt das Hotel, ich müsse mein Rad am bewachten Parkplatz abgeben, und die wollen für 2 Tage 100 Dirham. Gebucht hatte ich aber eine Unterkunft mit sicherem Abstellplatz fürs Rad. Das sehe ich gar nicht ein, und schließlich findet sich doch ein abschließbarer Schuppen für mein Rad. Das Hotel besteht aus einem überdachten Innenhof, auf den alle Zimmer schauen. Das sind gleichzeitig auch die einzigen Lichtquellen, d.h. man lebt entweder im Halbdunkeln oder bei künstlicher Beleuchtung. Die Räume sind aber sehr schön, ich habe jeweils ein kleines Schlafzimmer und ein kleines Wohnzimmer, allerdings direkt im Erdgeschoss neben dem "Salon". Folglich höre ich alles von draußen, und umgekehrt. Aber ich bin zufrieden, selbst Internet gibt es, wenn es auch ständig ausfällt und leider auch nur im Wohnzimmer Empfang ist.
Zum Abendessen bin ich dann noch Richtung "Platz der Gehenkten", und in Marrakesch geht echt die Post ab. Ein Troubel, ein Geschrei, Geschäfte und Verkehr, ich kann mir schon vorstellen, dass es eine Weile braucht, sich daran zu gewöhnen. Gut, dass Marrakesch am Ende meiner Reise liegt, das hätte mich anfangs sicher erschlagen. Morgen will ich mir einige Sachen ansehen und dann einfach der Stadt hingeben.
Chez Momo II

die Terrasse, bloss leider zu kalt

Frühstück gibt es drinnen, mit Gasofen

Blick zurück, unten Mitte das Chez Momo

Proviant aufnehmen nach der Steigung

an dem kam ich noch ungeschröpft davon

hier gibt es auch marokkanische Touristen

der Quell des Ärgernis

kurz vor Marrakesch der Blick zurück zum Hohen Atlas

mein kleines Schlafzimmer im Riad Carina

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